eine Ausstellung im Kunstverein Röderhof
ab 17.5.2020, sonntags von 14 bis 17 Uhr
Robert Lax
(* 30. 11. 1915 in Olean, New York; † 26. 09. 2000 ebenda)
Robert Lax war das Kind jüdischer Einwanderer aus Krakau, konvertierte aber 1943 zum römisch-katholischen Glauben. Der Poet und Philosoph gilt als einer der bedeutendsten minimalistischen Dichter des 20 Jahr-hunderts.
Während seines Studiums 1934 bis 1938 an der Columbia University in New York City freundete sich Lax mit Thomas Merton, dem bekannten Trappisten-Mönch und Religionsphilosophen, an. Zum Freundeskreis am College gehörte Ad Reinhardt, später ein bedeutender Maler der New York School. Mit Jack Kerouac, Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Paul Bowles verbanden Lax in New York intensive Kontakte.
1941 arbeitete Lax für die Zeitschrift „The New Yorker“ und in der sozialen Einrichtung Friendship House in New York. 1943 unterrichtete er Englisch an der University of North Carolina at Chapel Hill. Er begann dort 1944 ein Ph.D.-Studium der Philosophie; Thema seiner Dissertation war Thomas von Aquin. 1945 schrieb Lax Filmkritiken für das „Time Magazine“ und zog nach Hollywood. Von 1946 bis 1948 war er Drehbuchautor im Samuel Goldwyn-Filmstudio.
Im Sommer 1949 reiste Lax als Clown mit dem Familienzirkus „Cristiani“ durch den kanadischen Westen. 1950/51 lebte er in Paris, wo er für das nur kurze Zeit bestehende „New Story“-Magazin arbeitete. Im Sommer 1951 besuchte er Rom und zog mit einem Zirkus durch Italien.
Seine Zirkuserfahrungen spiegelt der 1959 erschienene Gedichtband „The Circus of the Sun“ wider, der zu seinen bedeutendsten Werken gehört. Diesen Gedichtband übersetzte der katholische Priester und spätere Kulturminister Nikaraguas Ernesto Cardenal ins Spanische.
Im Jahr 1956 begann Lax, als bekennender Pazifist, mit der Publikation von „Pax“, einem „kleinen Literaturmagazin“. Die Ausgaben 1–18 erschienen bis 1962. Beiträge für diese Zeitschrift lieferten u. a. Jack Kerouac, e.e.cummings, Thomas Merton, Ad Reinhardt und Ernesto Cardenal.
Lax besuchte 1962 zum ersten Mal Griechenland. Im Frühjahr 1964 ließ er sich auf der Insel Kalymnos nieder. 1974 übersiedelte er nach Patmos (die Insel der „Apokalypse des Johannes“) und lebte dort bis kurz vor seinem Tod als Eremit.
Schwer erkrankt kehrte er 2000 in seine Heimatstadt Olean zurück.
Jörg Kowalski
AM BLAUEN RAND DER WELT
hommage á Robert Lax
Wo die Gefahr ist, wächstdas Rettende auch. (Hölderlin „Patmos“)
der weg: überall zelte und menschen.
mein taxi schiebt sich durch das flüchtlingslager am kai von Piräus.
endlich auf der fähre nach Patmos.
zurückblicken: der sonnenuntergang überstrahlt die kleiner werdenden zelte.
dann nur noch das blau des meers.
verdunklung: nachts im schiffsrestaurant. mir gegenüber sitzt ein sorgsam geklei-deter priester (das schwarz des anzugstoffes bedeckt vom gold seines schmucks), nippt am rotwein und bestellt einen zweiten salat: muße und genuss.
ankommen: auf Patmos gibt es keine flüchtlinge, erklärt Nikolas, mein zimmer-vermieter, ungefragt als erstes, als er mich nachts um drei vor der fähre in empfang nimmt.
die gelassenheit der vorsaison, auch im „Kafeneion“ am hafen von Skala.
alte männer streichen vor dem restaurant nebenan stühle:
hellblau in den farben des himmels.
slow down, come back to life.
Robert Lax war hier: fünfundzwanzig jahre allein auf der insel
inmitten seines aufwendig verknappten netzwerks.
ein gewiefter eremit,
ein artist des überhaupt-nichts-suchen.
sein geheimnis: die darbietung karger poesie an der grenze zur selbstverleugnung:
die weisheit des unterlassens als glücksmoment.
worte kostbar, wie tropfen aus einem verstopften wasserhahn.
marginal die wahrnehmung des alltäglichen daseins.
konzentriere dich:
licht und schatten
stein und wasser
enge und weite
- derartige wechsel genügen als stimulanz völlig.
da sein
auf nichts warten
nichts erwarten:
eine chance klopft nur ein einziges mal
sitz still und sie wird weitergehen
auf der suche: spuren und verflechtungen.
unio mystica oder der versuch zu begreifen.
gefunden: nichts erinnert mehr an Lax. vergessen, vorbei. niemand weiß wo er lebte. nach tagen dann doch ein hinweis auf das winzige haus am hang, hoch über dem hafen: geweißte wände und das kräftige blau der fenster.
das haus steht seit seinem tod leer. auf der terrasse sonnen sich noch immer katzen, wie auf den alten fotos.
hinter dem laxhaus der steile aufstieg
zu den steingefassten weiden und gärten.
aussicht auf geröllflächen mit kargem bewuchs
vor dem dunklen blau des meeres.
der horizont verschwimmt
in der gleißenden sonne.
nichts lenkt ab
nur weite und traum
ausharren
alles
auf sich zu
kommen lassen.
ein wort
pro tag genügt:
ZEITLOS
manchmal ist auch dieses eine wort
schon zu viel.
reduktion: genaugenommen kann man auch sich
weglassen.
nachricht: das lager in Piräus wurde geräumt.
die gleichzeitigkeit des nicht zu vereinbarenden.
abschalten.
vision: auf halber strecke zum gipfel
die höhle der empfängnis:
heilige dreifaltigkeit: risse im deckgebirge
in form eines mercedessterns:
apokalypse now!
dann das Johanneskloster: …was du sihest / das schreibe in ein buch.
wozu dieser aufwand?
nichts mehr suchen
nichts mehr erklären
alle spuren verwischen.
auf der klippe am hafen leuchtet nachts ein riesiges neonkreuz: violett.
Pan lebt und lauert mit seinem gelächter zwischen den felsen…